Hinweis:
Die Sonderausgabe WALNUSSblatt Nr. 2 mit Li Shalimas beiden Artikeln „Wollen wir den Himmel …“ und „Ein blühendes Labyrinth“ kann auch hier als PDF Datei gelesen und heruntergeladen werden:
Ich möchte in dieser Fortsetzung zu meinem Artikel in der ersten Ausgabe über die „Nahen Feinde“ sprechen und über die „Stille unterm Stuhl“. Was ist damit gemeint und warum halte ich die Beschäftigung mit diesen Themen für so wichtig?
Beginnen möchte ich mit einer Geschichte, die mich vor vielen Jahren einmal sehr berührt hatte: Ein Rabbiner wurde von seinem Schüler gefragt, was denn der Unterschied zwischen Himmel und Hölle sei. Der sagte zu ihm: „Stell dir einen reich gedeckten Tisch vor, auf dem alles steht, was das Herz begehrt. Darum herum sitzen Menschen auf Stühlen. An ihre Hände sind lange scharfe Messer und Gabeln gebunden. Jeder versucht so viel wie möglich für sich selbst von dem Tisch zu ergattern. Im Kampf um das Essen verletzten sie sich gegenseitig und bekommen doch nichts von der guten Nahrung in den eigenen Mund. Das ist die Hölle.“ „Oh ja“, sagte der Schüler, „das ist ja schrecklich. Und wie sieht der Himmel aus?“ „Stell dir einen reich gedeckten Tisch vor, auf dem alles steht, was das Herz begehrt. Darum herum sitzen Menschen auf Stühlen. An ihre Hände sind lange Messer und Gabeln festgebunden. Vorsichtig nehmen sie mit diesen langen scharfen Werkzeugen die Speisen auf und füttern sich gegenseitig. Das ist der Himmel.“
Gewaltfreies Leben in einem gewaltvollen System
Ja! irgendwie ist es immer noch eine berührende Geschichte und ich verstehe auch ihre Botschaft. Aber ich will mich mit diesem Himmel einfach nicht zufrieden geben. Was hier beschrieben wird, ist »gewaltfreies Leben in einem Gewalt vollen System«. Es ist für mich der Himmel in der Hölle. Er ist ganz sicher und in jedem Fall besser, als die Hölle selbst. Ich will aber den Himmel auf Erden und den stelle ich mir anders vor. Echter Frieden ist nicht einfach nur Waffenruhe. Für den Himmel auf Erden brauchen wir Systeme, die in sich schon Frieden, echte Lebensfreude und mehr Bedürfniserfüllung schaffen.
Ist der von dem Rabbiner beschriebene Himmel nicht genau der, in dem wir momentan leben? Es erscheint mir so. Die Nachrichten über Krieg und Zerstörung auf der Erde nehmen nicht ab, überall regiert die Gier nach immer mehr von immer demselben und so viele Menschen sind gestresst in ihrem Bemühen um mehr Frieden, Gerechtigkeit, Liebe und Lebendigkeit. Die kalte Depression schleicht sich langsam an und wächst unmerklich. Sie wird zur Selbstverständlichkeit. Wie in diesem „Himmel“, den der Rabbiner beschreibt, ist alles schwer und mühsam. Es fehlt einfach die Leichtigkeit im Leben. Selbst die Auflehnung dagegen ist mühsam. Wir müssen sehr vorsichtig miteinander umgehen. Liebevolle Beziehungen unter diesen Bedingungen können sehr anstrengend sein und sind auch sehr gefährdet. Die Verletzbarkeit ist einfach so groß.
Und nun, als Krönung auf allem oben drauf, haben wir noch diese verrückte Geschichte einer Pandemie, die alles Lebendige stoppt und noch mehr Abstand schafft. Die Meinungsverschiedenheiten sind groß. Die Gräben werden immer tiefer und breiter. Die Messer und Gabeln immer länger und schärfer. Wir können noch so vorsichtig damit hantieren, es werden trotzdem immer wieder Missgeschicke passieren. „Oh jeh, jetzt habe ich deinen Mund verfehlt und dir ein Auge ausgestochen, das wollte ich nicht, bitte, bitte verzeih mir.“ Wie vorsichtig wir auch sind, es ist einfach anstrengend in diesem „Himmel“. Und ich frage mich, wozu brauchen wir überhaupt diese langen Messer und Gabeln? Was haben sie zu bedeuten?
Stehen sie für unsere tief sitzenden Traumata, die konkret erlebten und die von Generation zu Generation epigenetisch weiter gegebenen? Tragen nicht inzwischen alle Menschen diese langen scharfen Messer und Gabeln mit sich herum? Jeder Krieg hinterlässt ganze Generationen an traumatisierten Menschen, die allein gelassen, ohne Aufarbeitung und ohne psychologische Betreuung, dann zu der nächsten Generation traumatisierender Eltern werden. Kriegstraumatisierte Kinder ziehen in der nächsten Generation als Eltern traumatisierte Kinder auf. D. h. die nächste Generation hat unter den psychischen Störungen ihrer Kriegs traumatisierten Eltern zu leiden und nimmt deren unbewusste Ängste und Probleme auf. Vor allem wenn Gefühle nicht zugelassen werden können, wenn sie verdrängt und betäubt werden müssen, dann entstehen in der nächsten Generation Angststörungen, Abhängigkeiten, Süchte und Bindungsunfähigkeit. Und die werden dann wieder an die nächsten folgenden Generationen weitergegeben. So entsteht ein Kreislauf, in dem es nicht mehr darum geht, sich die Bedürfnisse gut zu erfüllen, sondern Strategien gegen den Schmerz zu entwickeln.
Jede Generation nimmt sich vor, es besser als die eigenen Eltern zu machen, und doch geben auch wir die Traumata unserer Vorfahren an unsere Kinder weiter. Jeder Krieg, der im Außen stattfand, setzt sich, selbst wenn die Waffen ruhen, als ein individuell erlebter Krieg in den Familiensystemen fort. Immer wieder, seit vielen Jahrhunderten in der menschlichen Geschichte bis heute, werden Frauen von den Soldaten der Siegermächte vergewaltigt, die dann die Söhne und Töchter ihrer Peiniger aufziehen müssen. Das ist einer der Gründe, der zu Mutterhass führt. Und wir halten das alles für normal, weil wir schon lange aus der Geborgenheit der ursprünglichen, matriarchalen Großfamilie herausgefallen sind. Wir wissen gar nicht mehr, wie das ist, wenn jede/r von klein an und bis ins hohe Alter, von der Geburt bis hin zum Tod, in einem gut funktionierenden Familienklan und mit all seinen Bedürfnissen angenommen wird und versorgt ist. Viele Menschen wissen gar nicht mehr, wie es sich anfühlt, den eigenen Fähigkeiten entsprechend unterstützt zu werden und damit als ein wertvoller Teil in einer Gemeinschaft aufgehoben zu sein.
Ich denke, dass vor allem die Schule dazu beitragen sollte, uns zu einer ausgewogenen, gerechten und naturverträglichen Versorgung unserer menschlichen Grundbedürfnisse zu befähigen.
Stattdessen werden uns Wünsche eingeimpft, mit denen wir von klein auf meinen, Dinge zu brauchen, die gar nicht unsere authentischen Bedürfnisse erfüllen, sondern die viel mehr dazu dienen, unsere schmerzhaften Gefühle zu betäuben. Ein ewiger Konsumkreislauf wird damit gefördert und am Laufen gehalten, den jede/r für sich selbst durchbrechen kann.
Der Himmel auf Erden ist nur direkt auf der Erde zu finden
Die scharfen Messer und Gabeln werden also auch deshalb immer länger und schärfer, weil die Entfernung zu dem reich gedeckten Tisch immer größer wird? Weil ein Teil der Menschheit, und das seit den ersten Kolonialisierungen und Versklavungen von Menschen und Tieren und der Natur, auf viel zu hohen und immer höher wachsenden Stühlen sitzen? Der „Himmel auf Erden“ ist aber nur direkt auf der Erde zu finden.
Und mir scheint, dass durch die Coronakrise die Messer und Gabeln an unseren Händen noch länger und noch schärfer werden. Die Vereinzelung wird noch größer. Viele Bedürfnisse, vor allem bei den Kindern, fallen gerade ganz von der „Platte“. Sie werden noch mehr in Vergessenheit geraten, als bisher schon. Was werden diese Kinder, die heute mit Isolierung, Masken und Abstand und einer diffusen nicht greifbaren Angst aufwachsen, später einmal, wenn sie selbst Eltern werden, ihren Kindern vermitteln können?
Die „hohen Stühle“, auf denen wir sitzen, führen, so wird es schon im Turmbau zu Babel beschrieben, zu einer verwirrten Sprache. Und diese Verwirrung entsteht u.a. dadurch, dass wir nicht zwischen Bedürfnissen und Wünschen unterscheiden. Diese Ungenauigkeit in unserer Sprache führt zu vielen Missverständnissen, die durch mehr Klarheit in unserem Sprachgebrauch vermieden werden können. Denn Wünsche und Werte gehören zu den individuellen Strategien, die der Erfüllung unserer Bedürfnisse dienen. Die Strategien machen uns einzigartig. Sie führen zu Diversität. Im negativen Falle trennen sie uns voneinander und führen zu Konkurrenz, wenn es darum geht, Dinge haben zu wollen oder gar haben zu müssen. Um Werte wird oft gestritten. Im schlimmsten Fall werden sie diktatorisch und sogar mit blutigen Kriegen durchgesetzt. Kolonialismus und Kriege entstehen, wenn die Gier regiert. Eine ausgewogene Erfüllung unserer Bedürfnisse kann befrieden und zu mehr Balance mit der Natur führen. Die echten authentischen Bedürfnisse verbinden uns alle miteinander und auch mit der Natur. Sie sind der Motor für all unser Handeln. Sie sind so etwas wie ein kleinster gemeinsamer Nenner.
Nahe und ferne Feinde
Der Himmel, den der Rabbiner in dieser Geschichte beschreibt, ist für mich der „Nahe Feind“ des eigentlichen Himmels. Was hat es auf sich mit diesem Begriff? In den Schriften von Ayya Khema habe ich das erste Mal davon gelesen. Sie spricht von dem Nahen Feind der Liebe. Wahre Liebe ist bedingungslos. Der Ferne Feind ist leicht erkennbar. Das könnte beispielsweise Hass sein. Der Nahe Feind ist subtil, dem Ursprung so nah, so ähnlich, und daher schwer zu identifizieren. Es ist die Art von Liebe, die zu Leiden führt, zu Eifersucht und Verlustangst, die durch Anhaftung, Anhänglichkeit und Abhängigkeit sich selbst zerstört. Sich Sorgen um jemanden zu machen, den man liebt, so sagt sie, ist die Vorstufe zum Hass.
Dieses Modell der Nahen und Fernen Feinde lässt sich auf fast alles übertragen. Lob und Tadel, Belohnung und Bestrafung sind solche Beispiele. Sie sind nicht die Gegenteile im Sinne von gut und schlecht, sondern gehören in ein und dieselbe Sparte, die das Wahrhaftige und Hilfreiche verhindert. Menschen haben u.a. die Bedürfnisse nach Wertschätzung, Anerkennung, Unterstützung und Anteilnahme. Lob und Belohnung sind dafür wenig hilfreiche Strategien. Im Gegenteil, sie zerstören die intrinsische Motivation und machen uns damit von klein an und auf eine sehr subtile Art und Weise korrupt. Rebeca und Mauricio Wild haben diesen Gedanken in ihrem Schulprojekt „Pesta” in Quito, Ecuador, sehr konsequent verfolgt und unterbrochen, indem sie jegliche Art der Bewertung der Lernerfolge der Kinder und Jugendlichen verboten hatten. Eben auch Lob und Belohnung.
Stattdessen haben sich die Erwachsenen in Anteilnahme und Unterstützung geübt.
Es gibt kein richtiges Leben im Falschen
Und es gibt auch kein Falsches im Richtigen
Auch die Demokratie (Volksherrschaft, Kratie = Herrschaft) liegt der Diktatur näher als der Egalität. Sie wird uns nie zu einer Konsensgesellschaft führen, in der die Bedürfnisse aller Menschen gleichermaßen gehört und erfüllt werden. Der Weg zurück zur Diktatur geht immer viel schneller. Die Hürde zu einer egalitären, bedürfnisorientierten Gesellschaft ist sehr hoch. Der Grad zur Diktatur dagegen sehr schmal.
Denn Systeme mit Mehrheitsentscheidungen sind der „Nahe Feind” von einem egalitären System mit Konsens-entscheidungen. Demokratie ist also nicht das Gegenteil von Diktatur, da es immer noch Herrschaft ist und damit zu nah dran, als dass dieses System uns mit Sicherheit vor Gewaltherrschaft schützen kann.
Demokratie ist ein „Himmel in der Hölle“. Das Bedürfnis nach Gerechtigkeit kann in so einem System niemals wirklich erfüllt werden. Es ist eine Formel mit falschem Vorzeichen. Und auch Integration, ein Teil unseres demokratischen Denkens, ist ein „Naher Feind“. Sie liegt der Separation viel näher und steht dem Gedanken an Inklusion im Wege. Alle systemimmanenten Lösungen innerhalb der Demokratie sind für die Mehrheit der Menschen frustrierend. Sie sind wie Lippenbekenntnisse. Für echten Frieden, erfüllende Lebenskonzepte und klimaneutrale Lösungen – und zwar ohne verdeckten modernen Kolonialismus, d.h. ohne unsere elitären „hohen Stühle“ – braucht es ganz neue Systeme. Es braucht einfachere Systeme. Denn wenn wir eine Formel nicht mehr selbst herleiten können, sind wir ihr machtlos ausgeliefert. Dann müssen wir an sie glauben, auch wenn wir spüren, dass sie falsch ist. Wir verlieren unsere Eigenmacht. Die im Übrigen zu den Grundbedürfnissen zählt. Und es gibt ja schon bewährte Systeme, wie beispielsweise das systemische Konsensieren, das, sofern der Wille da wäre, bis in die höchste politische Ebene funktionieren könnte. Bis dahin, also bis dieser Wille auf höchster Ebene da ist, kann es doch aber – ganz eigenmächtig! – in jeder Gemeinschaft, in jedem Betrieb, in jeder Familie ausprobiert werden. Siehe hierzu unter anderem „Das SK-Prinzip: Wie man Konflikte ohne Machtkämpfe löst” von Erich Visotschnig und Siegfried Schrotta.
Die Stille unterm Stuhl
Für die Herleitung einfacher „Formeln“ möchte ich ein Modell anbieten, mit dem wir mehr Klarheit in unsere Kommunikation bringen können. Anhand dieses Bildes, das wir in jeder Lebenslage schnell in unserer Vorstellung abrufen können, werden wir sofort erkennen, auf welcher Ebene wir uns gerade befinden. Streiten wir uns, geht es immer um individuelle Wünsche, Werte und Strategien. Dann sind wir in der dritten, in der obersten Ebene, die ich „Brain“ nenne. Ich kann mich aber immer entscheiden, ob ich mich weiter in einen Streit hineinbegeben oder stattdessen über die unterste Ebene eine Verbindung herstellen möchte. Je klarer wir zwischen „individuell” und „allgemeingültig” zu unterscheiden in der Lage sind, umso schneller und leichter werden wir dies auch in schwierigen Situationen erkennen und umlenken können.
Denn ich kann mich immer fragen: worum geht es eigentlich?
Letztendlich geht es darum, dass wir uns selbst unsere Bedürfnisse gut erfüllen und dies auch anderen zugestehen, selbst dann, wenn wir deren Ausdrucksweise gerade noch nicht verstehen oder ihre Strategien für falsch halten. Statt zu streiten können wir versuchen, über die Bedürfnisse nach einer Verbindung zu suchen.
Einen Versuch ist es immer wert.
Es ist gar nicht so viel, was tatsächlich unter den Stuhl gehört. Aber es sind sehr große und sehr entscheidende
Dinge für unsere Zukunft als Menschen auf dieser Erde. Und es ist wichtig, dass wir hier absolut keine Dinge aus der obersten Ebene hinzufügen. Sie müssen wirklich allgemeingültig sein. Sonst kann Inklusion nicht funktionieren. Zum Beispiel „Glauben”. Dies ist kein Grundbedürfnis, sondern eine Strategie. Religionen gehören zur obersten Ebene. Deshalb gehören unsere Glaubensrichtungen auch nicht unter den Stuhl. Die Bedürfnisse nach Sinn und Spiritualität aber schon. Denn diese Bedürfnisse gelten auch für Menschen ohne Glauben. Es gibt z.B. zwei Tage im Jahr, an denen haben alle Menschen auf der Erde 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht. Dieses Äquinoktium, zu dem die Sonne genau im Osten auf- und genau im Westen untergeht, gehört unbedingt unter den Stuhl. Es könnten zwei Feiertage werden, an denen sich alle Menschen auf der Erde verbinden.
Zu den Grundbedürfnissen, also unter den Stuhl, gehören auch die sensitiven Phasen. Das sind kürzere oder längere Lebensphasen, in denen wir besonders sensibel für bestimmte Lernerfahrungen sind. Der Begriff der „sensiblen Phasen“ geht auf die Forschungsergebnisse der Ärztin Maria Montessori zurück. Es ist sehr hilfreich, wenn Kinder schon von früh an erklären dürfen, warum sie etwas tun. Dafür muss man sich die Zeit nehmen. Das spart dann aber sehr viel Energie in der Pubertät. Wenn Eltern verstehen lernen, warum ihre Kinder etwas Bestimmtes tun, und warum sie eine Zeit lang etwas Bestimmtes immer wieder tun möchten, dann vielleicht abrupt aber vielleicht gar nicht mehr oder sogar nie wieder, dann kann viel Gewalt durch falsche Erwartungen an sie vermieden werden. Auch an uns selbst und an unsere Partnerschaften, denn diese sensitiven Phasen haben wir alle und im Grunde vom Tag unserer Geburt an bis hin zu unserem Tod. Sie zu berücksichtigen bringt viel Entspannung und Frieden in unsere Systeme.
Wir streiten immer nur auf der obersten Ebene. Verbindung entsteht über die unterste Ebene. Und Diktatur entsteht immer dann, wenn wir für unsere zwischenmenschlichen Vereinbarungen die oberste Ebene hernehmen. Wenn die Meinungen einzelner Menschen wichtiger werden als die Bedürfnisse aller. Vor allem dann, wenn die individuellen Werte und Strategien einzelner Menschen mit deren Macht (u.a. Geld) und Gewalt (u.a. Waffen) dann für alle durchgesetzt werden. In Matriarchaten sind es diejenigen Menschen, die die Bedürfnisse aller im Blick haben, denen das größte Vertrauen entgegen gebracht wird.
Je mehr wir uns von der untersten Ebene entfernen, umso mehr Gesetzbücher braucht es. Matriarchale Kulturen orientieren sich an den Naturgesetzmäßigkeiten und benötigen deshalb keine Gesetzbücher (siehe hierzu Gerda Weiler). Das heißt im Umkehrschluss: wenn wir uns an den Naturgesetzmäßigkeiten (erste Ebene) orientieren, benötigen wir keine Gesetzbücher (dritte Ebene Brain). Richterliche Entscheidungen werden dann eher unter Berücksichtigung unerfüllter Bedürfnisse gefällt. In dem Wort Naturgesetzmäßigkeiten stecken die Worte Maß und mäßig drin. Es geht also auch um das rechte Maß aller Dinge. Gewaltherrschaft wird immer durch maßlose Gier angetrieben, nicht durch das Bedürfnis nach einem erfüllten Leben. Und das möglichst für viele oder gar alle Menschen, und auch alle anderen außermenschlichen* Intelligenzen mit eingeschlossen. *Es gibt Menschen, die im Weltall nach außerirdischen Intelligenzen suchen. Ich habe mich schon als Kind gefragt, wie sie diese erkennen wollen? Und wie sie mit ihnen kommunizieren werden, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, unsere (anders als Mensch) hochentwickelten Mitgeschöpfe hier auf der Erde zu erkennen und zu verstehen, geschweige denn mit ihnen zu kommunizieren, sie zu achten und zu respektieren?
Durch Bewusstmachung unserer zwangsläufigen Co-Abhängigkeit innerhalb dieses globalen Suchtsystems können wir uns, zumindest innerlich, davon befreien. Anhand des Modells mit den drei Ebenen lassen sich viele kleine gesunde Gemeinschaften und neue Systeme aufbauen, die dem Leben dienen und nicht dazu, unsere Gefühle zu betäuben oder die positiv besetzten zu pushen, indem wir zwanghaft immer mehr von immer demselben anhäufen müssen. Von Rebeca und Mauricio Wild habe ich gelernt, dass dies funktioniert, wenn wir bereit sind, unsere Lebenskonzepte immer wieder daraufhin zu überprüfen, ob unsere authentischen Bedürfnisse, und auch immer unter Berücksichtigung der sensitiven Phasen, wirklich erfüllt werden.
Autorin:
Li Shalima